Wissenschaftlern des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ ist es
erstmals gelungen, einen harmonisierten Erdbebenkatalog für Europa und
den Mittelmeerraum für das letzte Jahrtausend zu erarbeiten. Der Katalog
umfasst etwa 45 000 Erdbeben.
Das Erdbebenrisiko in Deutschland und Europa
Erstmals harmonisierter Erdbebenkatalog für Europa und den Mittelmeerraum für das letzte Jahrtausend verfügbar
Wie stark kann in Deutschland die Erde beben? Wo sind in Europa die
Häufungen von Erdbeben zu finden? Diese Fragen sind Ausgangspunkt für
Risikoabschätzungen und werden relevant, wenn es um die Sicherheit von
Gebäuden oder das Auftreten von Tsunamis geht. Wissenschaftlern des
Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ ist es nun erstmals gelungen, einen
harmonisierten Erdbebenkatalog für Europa und den Mittelmeerraum für das
letzte Jahrtausend zu erarbeiten. Der Katalog umfasst etwa 45 000
Erdbeben, wie sie in der neuesten Ausgabe des „Journal of Seismology“
berichten.
Erdbeben treten in unterschiedlicher Häufigkeit auf. Das bedeutet, das
in manchen Regionen starke Erdbeben in Zeitabständen von Hunderten von
Jahren auftreten können. Das seltene Auftreten kann damit eine
trügerische Sicherheit verursachen, die das tatsächlich vorhandene
Risiko überdeckt, zumal erste messtechnische Aufzeichnungen erst seit
rund hundert Jahren vorliegen und verlässliche Daten auch zu schwächeren
Beben erst seit etwa fünfzig Jahren
Die einzige Möglichkeit zur Erfasssung des real existierenden Risikos
ist die Auswertung historischer Beben. „Der von uns vorgelegte Katalog
umfasst die Beben der letzten tausend Jahre ab einer Magnitude Mw von
3,5 im nördlichen Teil des katalogisierten Gebietes und Magnitude Mw
größer als 4,0 für den südlichen Teil“, erklärt Dr. Gottfried Grünthal
vom GFZ. „Unser Erdbebenkatalog überdeckt das Gebiet von den Azoren bis
zum Kaspischen Meer, von der Sahara bis zum Nordkap.“ Auf der Basis von
etwa 80 zumeist nationalen Katalogen, mehr als 100 weiteren Quellen
sowie vielen eigener Analysen historischer Schlüsselerdbeben bietet der
EMEC-Katalog (European-Mediterranean Earthquake Catalogue) jetzt
erstmals eine regionale Langzeit-Datenbasis mit vereinheitlichten
Magnituden zur Messung der Stärke von Beben
Bei der Zusammenführung all dieser Quellen, die teils beträchtlich
differierende Stärkeangaben der Beben anhand unterschiedlicher
Magnitudenskalen oder Intensitäten nutzen, wurde besonders Augenmerk
darauf gerichtet, diese in Form harmonisierter Mw-Magnituden zu
vereinheitlichen. Die Beben sind in EMEC für den Zeitraum von 1000 AD
bis 2006 katalogisiert. Im Gebiet südlich von 40°N und östlich von 10°E
erlaubt die Datenlage die Katalogisierung ab 300 AD. Natürlich sind die
Bebendaten in den frühesten katalogisierten Zeiten nicht vollständig.
Die Zeiten, ab derer bestimmte Bebenmagnituden hinreichend vollständig
vorliegen, variiert im Kataloggebiet beträchtlich. So lässt sich
abschätzen, dass beispielsweise Beben mit Mw ≥ 6,5 in der Levante ab
etwa 300 AD hinreichend vollständig erfasst sind, Beben mit Mw größer
als 5 dort ab etwa 1965. Dagegen liegen Beben mit Mw größer als 5 im
Gebiet Deutschlands ab etwa 1600 hinreichend vollständig katalogisiert
vor.
„Bestandteil der EMEC-Veröffentlichung ist zudem eine Liste von Beben,
die nach unseren neuen Erkenntnissen nicht stattgefunden haben (sog.
fakes) infolge von Irrtümern von Chronisten, Verwechslungen und
Datumsfehlern“, erläutert GFZ-Forscher Gottfried Grünthal. Wert gelegt
wurde auch auf Nutzerfreundlichkeit: „Auf der GFZ-EMEC-Webseite können
die Daten innerhalb des Kataloggebietes nach Nutzerwünschen
heruntergeladen und entsprechend der Vorgaben der Nutzer Karten der
Epizentren der Erdbeben innerhalb gewünschter zeitlicher und räumlicher
Ausschnitte, Maßstäbe und Kartenprojektionen generiert, gespeichert und
gedruckt werden.“
Der EMEC-Katalog ist damit eine verlässliche Grundlage für die
Gefährdungsabschätzung für Erdbeben und bebenbedingter Tsunamis. Darüber
hinaus ist ein solcher Erdbebenkatalog die Grundlage vieler weiterer
geowissenschaftlicher Untersuchungen und Quelle für Recherchen außerhalb
von Forschungsanwendungen.
Bilder in druckfähiger Auflösung finden sich unter:
Quelle: Grünthal G., Wahlström R. (2012) The European-Mediterranean
Earthquake Catalogue (EMEC) for the last millennium. Journal of
Seismology 16(3): 535-570.
Quelle: idw
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